Blick in die Zukunft

Forschungsprojekt Kollaborativ-synchronisierte Fertigung

Die Taktung von Fertigung und Montage ermöglicht produzierenden Unternehmen eine Verringerung der Durchlaufzeiten bei gleichzeitiger Verbesserung der Liefertermintreue und Auslastung. Daher hat sich die getaktete Produktion in weiten Teilen der Serienfertigung durchgesetzt. Allerdings lässt sich das Prinzip der Taktung nicht unmittelbar auf die Einzel- und Kleinstserienfertigung übertragen.

Um die Übertragung der Prinzipien der Serienproduktion auf die Einzel- bzw. Kleinstserienfertigung (wie z. B. den Werkzeugbau) zu ermöglichen, ist bereits im Rahmen des Forschungsprojekts Industrialisierung und Synchronisierung von Produktionsprozessen im Werkzeugbau der Massivumformbranche (InSynchroPro) am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen ein Konzept entwickelt worden. Hierbei werden Bauteile mit gleichen Bearbeitungsschritten gebündelt – so genannte Taktpaletten -, so dass sie gemeinsam einheitliche Takte bilden (z. B. 1 Tag erodieren, 1 Tag fräsen, 1 Tag schleifen). Dazu wurde ein Algorithmus entwickelt und in ein Planungswerkzeug eingebettet, der das kombinatorische Problem der Taktpalettenbildung löst. Damit konnte erstmals im industriellen Umfeld das Potenzial einer getakteten Einzelteilfertigung erreicht werden.

Allerdings ist der entwickelte Algorithmus stark Top-Down getrieben und damit der gesamte Planungsprozess statisch und starr. Erforderliche Änderungen aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse, wie z. B. Eilaufträge oder Maschinenausfälle, finden darin keine Berücksichtigung. Des Weiteren werden durch diese Vorgehensweise die Freiheitsgrade der Mitarbeiter im operativen Alltag stark eingeschränkt. Eine Rückkopplung des Fachwissens der Mitarbeiter und deren Partizipationsmöglichkeiten auf den übergeordneten Planungs- und Produktionsprozess erfolgen nur in sehr begrenztem Rahmen.

Ziel des Forschungsprojekts „KoSyF“ (Kollaborativ-synchronisierte Fertigung) ist es den starren vorgabegetriebenen Planungsprozess kollaborativ auszugestalten. Die Modell Aachen GmbH liefert dabei einen Beitrag sowohl in der technischen Rückkopplung des Werkerwissens in die Planungsebene mit der Software Q.wiki als Grundlage als auch in der organisatorischen Einführungssystematik des Prinzips kollaborativ synchronisierter Fertigung.

Im Zuge der Forschungsarbeiten werden Applikations-Prototypen zur Verwaltung von Wissen zu Maschinen, Personen und Aufträgen erarbeitet. Des Weiteren bildet Lokalisierung von Informationen ein Schwerpunkt der Forschungsarbeiten. In diesem Zusammenhang werden mit der Beacon-Technologie und QR-Codes Ansätze erarbeitet, um den Mitarbeitern abhängig vom jeweiligen Standort im Unternehmen relevantes Wissen auf mobilen Endgeräten darzustellen. Beacons sind kleine Sender, die an Bauteilen, Maschinen oder in Räumen fixiert werden und permanent ein Signal senden. Das kann zum Auffinden des Materials, auf dem er befestigt ist, oder aber zur Lokalisierung eines mobilen Endgerätes im Raum dienen. Nähert man sich beispielsweise einer Maschine, werden dem Mitarbeiter lokal relevante Informationen und Daten, wie z. B. Arbeits- und Rüstanweisungen, im Q.wiki Prototypen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wird an Ansätzen gearbeitet, wie Arbeitsanweisungen noch deutlich einfacher von Werkern inkl. Fotos und Videos sehr rasch und niederschwellig mit mobilen Endgeräten (Handys, Tablets, Datenbrillen) erstellt werden können und ins Q.wiki exportiert werden können. Ebenfalls werden Tests zur Interaktion mit dem Q.wiki anhand einer Sprachsteuerung mittels Amazon Alexa durchgeführt, um die Interaktion zwischen Mensch und Technik zu vereinfachen. So kann Alexa beispielsweise auf Nachfrage die dringlichsten persönlichen Aufgaben im Q.wiki vorlesen.

Die Ergebnisse sind vielversprechend und der interdisziplinäre Austausch mit den Projektpartnern lässt relevant neue Ergebnisse erzielen. Der Reifegrad der Ergebnisse wird auch zum Abschluss des Projektes lediglich Prototypen-Charakter haben, zeigt jedoch bereits heute auf, welches Potenzial in Interaktiven Managementsystemen steckt und noch gehoben werden möchte. Das Forschungsprojekt lehrt uns wieder einmal mehr, dass wir erst ganz am Anfang stehen, Managementsysteme durch Social Media Technologien leichtgewichtig auszugestalten. Die Aufwände zur Definition und Kommunikation von Vorgaben im Unternehmen und vor allem der Rückkopplung aus dem Alltag werden in Zukunft noch weiter drastisch sinken.

Das Forschungsprojekt setzt sich aus zwei universitären Forschungseinrichtungen der RWTH Aachen (Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement, Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen), drei Befähigerunternehmen (ifm electronic GmbH, innoTecs Ingenieurgesellschaft mbH, Modell Aachen GmbH) sowie vier Anwenderunternehmen (ZF Friedrichshafen AG, Gebr. Wolff GmbH & Co. KG, Dr. Kaiser Diamantwerkzeuge GmbH & Co. KG, Hirschvogel Umformtechnik GmbH) zusammen.

Mit dem Programm „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ wird das Forschungsprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA-PFT) betreut. Die Gesamtprojektdauer beläuft sich auf drei Jahre (01.01.2016 - 31.12.2018).

Ansprechpartner zum Forschungsprojekt:

Dr. Carsten Behrens
Tel. +49 241 997531 0
Email: qwiki [at] modell-aachen.de

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